Schettino vom Thunersee - Genna Website 2018

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Schettino vom Thunersee

Am letzten Wüsten-Sommertag des Jahrs 2015 unternehmen wir eine Schiffahrt mit dem Motorschiff "Stadt Thun", das ist das Schiff mit der Fulehung-Maske vorn am Bug. Es ist gemütlich, nur wenige Passagiere, die Seeluft beruhigt und erinnert mich an die Studentenzit, als ich selber mehrere Saisons auf dem Thunersee als Hilfsmatrose gearbeitet habe. 

Da - plötzlich nach Oberhofen erschallt die Schiffssirene. Sie tönt laut ..... und hört nicht mehr auf. Zuerst denke ch an ein Segelboot oder einen Schwimmer, der nicht aufgepasst hat, doch da müsste der Kapitän eigentlich mehrere kurze Alarmzeichen hintereinander absetzen. Die Schiffsirene tönt jedoch eine halbe, eine ganze Minute, anderthalb Minuten...... ununterbrochen. Mann über Bord? Oder was guggers ist denn los? Dies muss ein Generalalarm sein, obwohl diese akustische Alarmierung für die Binnenschiffahrt auch nicht ganz korrekt ist. Vielleicht war der Kapitän mal auf einem Hochseeschiff, dort wird ein Generalalarm tatsächlich mit einem ununterbrochenen langen Ton ausgelöst. Also bereite ich mich innerlich auf eine Seenot vor. Ich alarmiere die beste Ehefrau von allen und mache sie darauf aufmerksam, dass sie nun vielleicht eine Runde schwimmen und mich retten muss, denn ich bin  - obwohl am Thunersee aufgewachswen - praktischer Nichtschwimmer, jedenfalls in Wanderschuhen und mit schwerem Rucksack auf dem Rücken. Selbstverständlich beginnt Margret, sich auf diese wichtige Mission vorzubereiten, denn sie hat das Lebensrettungsbrevet, also keine Panik, sie wird mich retten! Beruhigt fahren wir also mit vollem Alarm und vollem Schub auf die Ländte Hilterfingen zu. Da ein Schiff einen Bremsweg von mehreren hundert Metern hat, wenn es nicht Gegenschub geben kann, dürften wir an der Ländte Hilterfingen zerschellen wie die Costa Concordia an der Insel Giglio. 

Doch es geschehen noch Wunder: Im Unterschied zur Costa Concordia gelingt es dem Thunersee-Schettino, das Schiff sicher an die Ländte zu manövrieren. Der Alarmton hört auf. Die Mannschaft hält sich den Bauch vor Lachen. Warum der Kapitän Alarm schlug, bleibt sein Geheimnis. Ich vermute, er hat gerade gehört, wie unser Sigriswiler Nationalrat Adrian Amstutz im Brustton der Ueberzeugung verkündet hat, die Schweiz versinke im Asylchaos - und bei sinkendem Schiff braucht es doch ein akustisches Signal. Oder wollte er doch nur seine Freundin grüssen, die im Extraschiff "Schilthorn" unmittelbar neben unserer "Stadt Thun" unterwegs war? 

15.8.2015/GEA

alle Fotos: Anton Genna
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